Unsere Geschichte
1895 schlossen sich die ersten Naturfreund*innen zusammen, um die Natur als Quelle der Erholung zu erkunden und sich anzueignen, gemeinsam zusammenzutreffen, sich fortzubilden und Aktivitäten zu organisieren. Eine wichtige Komponente war das Recht des freien Zugangs zur Natur für alle (gegen die bürgerlich-privaten Interessen der Großgrundbesitzer*innen und existierenden Wander-, Bergsteiger- und Sportvereine, die den Arbeiter*innen die Mitgliedschaft verwehrten).
Bis heute ist die NaturFreunde-Bewegung weltweit auf über 500.000 Mitglieder in 21 Ländern angewachsen.
Aus unserer Chronik
1895
Im März inseriert der Sozialist und Lehrer Georg Schmiedl drei Tage lang in der "Arbeiterzeitung", um Gleichgesinnte zur Gründung einer "touristischen Gruppe" zu finden. Drei schrieben sofort: Josef Rohrauer, sein Vater Alois und Karl Renner. Am Ostersonntag wird der erste Ausflug in den Wiener Wald veranstaltet. Im September gründen 185 Männer und Frauen in Wien den "Touristenverein 'Die Naturfreunde'". Karl Renner entwirft das Symbol des neuen Vereins. Der Handschlag samt den drei Alpenrosen steht für die Solidarität der Arbeiterbewegung.
1897
Im Juli erscheint in einer Auflage von 400 Stück die erste Ausgabe der Vereinszeitschrift "Der Naturfreund".
1900
Im Januar beschließt die Gründungsversammlung der Ortsgruppe Graz, "Berg frei" zum Gruß der steierischen Naturfreunde zu machen. Die Idee wird für den gesamten Verein übernommen. Der kämpferische Gruß ist Ausdruck der Forderung nach dem Recht auf Freizeit in den Bergen, nicht nur für Adel und Bürgertum.
1905
Im August gründet sich als 42. Gruppe im Gesamtverein in München die erste deutsche Ortsgruppe. Die Naturfreunde haben inzwischen fast 9.000 Mitglieder, darunter 15 Prozent Frauen.
1907
Auf dem Padasterjoch in den Stubaier Alpen in Tirol wird das erste Naturfreundehaus eingeweiht.
1912
Mai des Jahres 1912 kamen auf Grund eines Inserates im ,,Braunschweiger Volksfreund" im alten Gewerkschaftshaus am Werder, 15 Genossen zusammen. Gustav Hartmann aus Wolfenbüttel hatte zu dieser
Zusammenkunft eingeladen. In kurzen Erläuterungen gab er die Absicht bekannt, in Braunschweig eine Ortsgruppe der NaturFreunde zu bilden. Nach eingehender Aussprache trugen sich 13 Anwesende in
die aufgelegte Mitgliederliste ein. Begeistert wurde nun die engere Heimatdurchwandert.
In Braunschweig wurde nun auch die Jugendarbeit aufgenommen. Die ersten Kinderwanderungen zum Elm, zur Asse und zum Harz wurden durchgeführt. Der zahlenmäßig kleine Kreis trat bald mit Lichtbildern und kulturellen Vorträgen an die Öffentlichkeit und begann so innerhalb der organisierten Arbeiterschaft immer mehr
Fuß zu fassen. Früh wurden erste Pläne zum eigenen Hausbau in unserem Wandergebiet laut.
Die Hamburger Naturfreunde errichteten am Rand der Lüneburger Heide das erste Naturfreundehaus in Deutschland.
1919
Zur Naturfreundebewegung gehören bereits 46.000 Mitglieder. Drei Jahre später sind es bereits 159.000.
In den Nachkriegsjahren ging es schnell vorwärts. Mehr Jugend kam zu uns. Die Ortsgruppenarbeit wurde nun aufgeteilt. Es bildeten sich eine naturkundliche Gruppe,ein Literaturkreis, eine Foto- und eine Jugendgruppe, überall war reges Leben.In der damaligen Weimarer Republik fanden auch bei den Naturfreunden Richtungsdiskussionen statt. Die Auseinandersetzungen zwischen Sozialisten und Kommunisten sowie die Suche nach einer „Arbeiterkultur“ fand auch in den Reihen der NaturFreunde statt
1923-26
In den Jahren 1923 bis 1926 konnte der langgehegte Traum nach einem eigenem Haus verwirklicht werden. Das Naturfreundehaus Bündheim (heute in Bad Harzburg) wurde erbaut. Nach einem Bericht aus der damaligen Zeit, wurden die Felssteine für die Fundamente aus einem nahegelegenen Steinbruch durch die Mitglieder selbst geschlagen und zum Bauplatz transportiert. Von alten Mitgliedern hört man, das der Transport von Baumaterialien teilweise mit Fahrrädern, sogar aus Braunschweig stattgefunden haben soll.
1926
Auf der ersten Versammlung der deutschen Naturfreunde wird mit der Verabschiedung der "Richtlinien über den zukünftigen Ausbau der Jugendarbeit" die Naturfreundejugend Deutschlands als selbstständige altersmäßige Gliederung gegründet.
1933
Die Kritik am Kapital und an der herrschenden Klasse führt zum Verbot des Touristenvereins "Die Naturfreunde" durch die Nazis. Damit verbunden ist die Beschlagnahmung der in eigener Arbeit errichteten 428 Hütten und Häuser, davon fast 300 auf deutschem Gebiet.
Sofort nach der Machtübernahme 1933 verboten die Nationalsozialisten alle nicht ins System passenden Vereinigungen und beschlagnahmten ihren Besitz.
"Alles wurde 1933 mit einem Schlage unterbrochen, und was wir geschaffen hatten, wurde vernichtet. Zwei unserer treuen Wanderfreunde wurden schon gleich ein Opfer der damaligen Brutalität. Jedoch der Geist der NaturFreunde war nicht zu brechen. In kleineren Gruppen wurde immer noch gewandert, ja selbst Omnibusfahrten in die Sächsische Schweiz wurden durchgeführt. Wanderfreunde, die unter ständiger Kontrolle
standen, mußten sich wohl oder übel vollständig zurückziehen." (Aus: „Festschrift 40 Jahre Naturfreunde BS“ Mai 1952)
Mit dem Vereinsverbot wurde das neu geschaffene Haus Bündheim von den Nazis übernommen. Wolfenbüttler NaturFreunde wehrten sich gegen eine Beschlagnahme. In "Schutzhaft" nahmen die Nazis den Führer der
NaturFreunde und der Sozialistischen Arbeiterjugend, Fritz Ehrhoff (späterer Bürgermeister in Wolfenbüttel), weil man ihn verdächtigte, mit der Zerstörung des NaturFreundehauses im Oderwald zu tun gehabt zu haben. Die Hütte hatten zwei NaturFreunde zerstört, damit sie nicht den Nazis in die Hände fiel. Einer von ihnen,
Hermann Dannenbaum, hatte die Reste noch fotografiert.
Bei den NaturFreunden Braunschweig gab es auch durchaus mutige, kreative Menschen, die mit kleinen Nadelstichen das System ärgern wollten, so traute sich Heinrich Schmidt, einfach seine Anteilscheine an
Bündheim vom NS-Staat zurückzufordern. Sicher war ihm bewusst, dass er sich damit nicht beliebt macht.
In der Vereinschronik aus dem Jahr 1952 wird über die Zeit berichtet: "Die 1000 Jahre gingen schnell vorüber, aber welches Elendwar über uns gekommen! Eine große Zahl unserer Genossen hatten wir als Opfer der
Naziherrschaft zu beklagen, darunter auch unseren letzten ersten Vorsitzenden."
Ein weiteres Opfer war Reinhold Liesegang, der Sohn einer Arbeiter- und Sozialistenfamilie und eines von fünf Geschwistern. Von seiner Familie wurde er sozialistisch geprägt. Er wurde kurz vor Ende des Ersten Weltkrieges zur Marine eingezogen. Nach dem Krieg war er Mitglied der "Roten Armee", die in Braunschweig durch Stürmung des Schlosses den Herzog Ernst August von Braunschweig zwang abzudanken .
Am 04.07.1933 wurde er von der SA zusammen mit zehn anderen Männern nach Rieseberg gebracht und dort
ermordet. Es ist anzunehmen, dass Liesegang von den schweren Misshandlungen in der AOK nicht verschont geblieben ist.
1945
Überall wird mit dem Wiederaufbau der Organisation begonnen. Die enteigneten Häuser werden zurückgegeben. In Ostdeutschland erfolgt eine Nutzung durch andere Träger.
1946
Die NaturFreunde Braunschweig werden 1946 als „Sport Club“ von der englischen Verwaltung zugelassen.
1949
Nach intensiven Bemühen konnte das Haus Bündheim 1949 wieder von den Naturfreunden in Besitz genommen werden und es erfolgte die feierliche Rückgabe.
1950
Der Gesamtverein wird in die Naturfreunde Internationale (NFI) umgewandelt. Sie setzt sich aus selbständigen Landesverbänden zusammen.
1955
1955 erfolgte der Zusammenschluss der Ortsgruppe mit dem 1897 gegründeten Arbeiter Schwimmverein Delphin. Dadurch gelangte der Verein in den Besitz des Geländes an der Oker mit einem 1927 erbautem
Schwimmbecken und einem Vereinshaus. Das Vereinshaus wurde mit Materialien aus den Abrissgebäuden von Schulenburg (Okertalsperre) und viel Arbeitseinsatz der NaturFreund*innen erweitert.
1962
Die Naturfreunde beteiligen sich an den Ostermärschen der Atomwaffengegner. Die NFI hat 270.00 Mitglieder in 17 Ländern auf allen fünf Kontinenten. In Deutschland werden rund 100.000 Mitglieder in mehr als 650 Ortsgruppen gezählt. Die Zahl der vereinseigenen Hütten, Häuser, Bootshäuser und Stadtheime liegt bei fast 400.
1965
Ab 1965 wurde die A39 gebaut und der Südsee wurde ausgebaggert, um Sand für den Böschungsbau zu erhalten. So entstand die Möglichkeit zum Segeln. Die Wassersportgruppe und auch die Campinggruppe mit ihren Wohnwagen zogen auf dem Gelände ein.
1968
Die Naturfreunde verlangen die Einstellung der Bombenangriffe auf Nordvietnam und verurteilen die Besetzung der CSSR.
1989
Im Dezember beginnt die Neuorganisation der Naturfreunde in der DDR. Heute gibt es Landesverbände in allen neuen Bundesländern.
1997
Die Bundeskonferenzen des Kinder- und des Jugendverbands der NaturFreunde Deutschlands beschließen in Erfurt ihren Zusammenschluss. Anschließend findet die erste gemeinsame Bundeskonferenz statt.
2000
Die Naturfreundejugend Deutschlands veranstaltet ihren ersten Kindergipfel anlässlich der Weltausstellung Expo in Hannover. Prominentester Gast ist Bundeskanzler Gerhard Schröder.
2005
Die NaturFreunde Deutschlands feiern ihr hundertjähriges Bestehen mit einem großen Bundestreffen in München.
2015
Eine für den Verein spürbare Veränderung war, dass das Haus in Bündheim zunehmend weniger von Vereinsmitgliedern als Ort für Treffen, als Ausgangsort für Wanderungen, als Urlaubsort genutzt wurde.
Ein Grund dafür war, dass der Ferntourismus zunehmend in Mode kam und auch finanzierbar wurde. In Folge dessen ging die Belegung stetig zurück. 2015 wurde nach schmerzlichen Diskussionen das Haus Bündheim verkauft. Die jährlichen Unterhaltszuschüsse hätten auf Dauer den Verein ruiniert. Auch ältere Mitglieder stimmten schweren Herzens zu, obwohl ihnen die aufopfernde Entstehung des Hauses sicher präsenter war,
als den jüngeren Mitgliedern.
2016
Die Naturfreundejugend feiert ihr 90-jähriges Jubiläum mit einem Bundestreffen unter dem Motto "Vielfalt statt Einfalt - 90 Jahre jung.bunt.aktiv."